Die Familie hat für die meisten Menschen einen zentralen Stellenwert in ihrem Leben. Die Frage des gelingenden Lebens hängt daher oft mit dem Gelingen des Familienlebens zusammen. Auch ist die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienleben in allen Familienformen prägend. Familie meint heute das auf Dauer angelegte Zusammenleben zweier Generationen, also Eltern und Kinder, in unterschiedlichen Konstellationen. Neben der sogenannten Kernfamilie gibt es auch die Ein-Eltern Familie, die Zweitfamilie und die sogenannte Patchworkfamilie (das Zusammenleben in Zweitfamilien mit Kindern aus der jeweiligen ersten Ehe und zusätzlichen gemeinsamen Kindern).
Hier ein paar eindrückliche Zahlen aus Deutschland:
78,4 % aller Kinder in Deutschland leben mit ihren leiblichen und verheirateten Eltern zusammen. Die Kernfamilie ist also nach wie vor die wichtigste Familienform. 13,1% sind Kinder Alleinerziehender. 5,6 % aller Kinder leben in Zweitfamilien ( Stieffamilien) und 2,9 % der Kinder leben mit beiden leiblichen unverheirateten Eltern zusammen. Von einer Auflösung oder einem Bedeutungsverlust der Lebensform "Familie" kann demnach keine Rede sein. Auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht das Familienleben hoch im Kurs.
Welche Qualitäten und Risiken bergen die verschiedenen Familienformen?
In erster Linie kommt es auf die Qualität familiärer Bindungen an. Die Kernfamilie glückt vor allem dann, wenn sich alle Beteiligten in den verschiedenen Familienphasen gemeinsam weiterentwickeln und die damit verbundenen Konflikte gut gelöst werden. Eltern haben die Chance sich gemeinsam mit den Kindern zu entwickeln. Es geht in der Kernfamilie hierbei nicht in erster Linie um die "heile Familie", sondern um Chancen für ein Zusammenleben im Alltag. Die Bedeutung z.B. eines regelmässigen gemeinsamen Abendessens für den Zusammenhalt der Familie sollte daher nicht unterschätzt werden.
Haben alleinerziehende Eltern schlechtere Chancen?
Nach den vorliegenden Forschungen sehen Alleinerziehende ihre Risiken nicht so sehr in der Bindungsqualität zu den Kindern, sondern eher in den Geldsorgen, die mit dieser Familienform einhergehen. Landläufig geht man eher davon aus , dass der "fehlende Vater" die Entwicklung von Kindern erschwert. Die Lebenszufriedenheit von "Solo-Müttern" unterscheidet sich aber oft nicht von denen, die in der Ehe leben, wenn ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind. Schlechter sieht es aus für die Alleinerziehenden, die von Armut betroffen sind, entweder weil der Vater keinen Unterhalt zahlt oder weil die Betreuung der Kinder eine kleine oder nur eine zeitlich begrenzte Berufstätigkeit erlaubt. Viele Alleinerziehende erleben eine Partnerschaftskrise während der Schwangerschaft oder in den ersten Lebensjahren des Kindes, also in einer Phase, in der Zusammenhalt besonders wichtig wäre. Schwierig ist die Lebenssituation vor allem für junge alleinerziehende Mütter ohne Schul- oder Berufsabschluss und ohne weitere Bezugspersonen für das Kind. Es sind mitunter also die eigenen Lebensverhältnisse, die eher Sorgen machen, als die Erziehung eines Kindes. Allerdings: Nur jede Dritte der Alleinerziehenden betreut die Kinder allein. Bei den anderen helfen der andere leibliche Elternteil, ein neuer Partner oder auch die eigenen Eltern mit. "Alleinerziehend - aber nicht allein gelassen" ist ein hilfreiches Lebensmotto dieser Eltern.
Trennung und Scheidung - ein dauerhaftes Trauma, oder eine Chance zum friedlichen Zusammenleben?
In Liechtenstein wurde 2003/04 jede zweite Ehe geschieden. Viele Paare erleben also das Scheitern ihres Lebensentwurfes. Gleichwohl gilt: "Eltern bleiben Eltern". Dauerstreit (oder Sprachlosigkeit) zwischen den Eltern greift die Seele der Kinder an, ganz gleich ob man zusammen oder getrennt lebt. Wenn beide Eltern an dem Kind "zerren", führt genau dies zu einer inneren Zerrissenheit des Kindes. Die Gefahr einer psychischen Langzeitbelastung ist vor allem dann gegeben, wenn der Konflikt zwischen den getrennten / geschiedenen Eltern weitergeht. Gelingt es aber zu verlässlichen Vereinbarungen zugunsten des Kindes zu kommen, erholen sich die Kinder von den Belastungen einer Trennung deutlich besser. Die Kunst ist es, zugunsten der Kinder "getrennt zusammen zu leben".
Zweitfamilien (früher auch "Stieffamilien" genannt / heute oft auch als Patchworkfamilie bezeichnet) haben oftmals am Anfang ihres Zusammenlebens vor, eine "normale Familie" zu sein. Die Partner lernen einander kennen - und gleichzeitig sind die Kinder dabei. Das eben ist keine "normale" Lebenssituation, sondern schon etwas Besonderes. Wird der neue Partner von den Kindern akzeptiert? Wer hat was zu sagen? Oft machen sich die Kinder Sorgen, die Mutter oder den Vater an jemand anderes zu verlieren. Es braucht Zeit, eine neue Familie mit diesen besonderen Strukturen zu formen. In der "gescheiterten Zweitfamilie" ist es oftmals nicht gelungen, den neuen Partner auch als Elternteil zu integrieren, dadurch wird auch die Liebesbeziehung der Erwachsenen belastetet. Am günstigsten für das Kindeswohl erweist sich die "erweiterte Zweitfamilie". Das bedeutet dass die Kinder weiterhin die Möglichkeit zum Kontakt mit beiden Elternteilen haben. Der neu hinzugekommene Erwachsene wird eher als "Freund" betrachtet.