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 Kinder und Scheidung
Tanja31 Offline



Beiträge: 498

08.11.2007 16:48
Plötzlich erwaschsen Antworten

Die meisten minderjährigen Mütter müssen ihr Kind allein großziehen, weil sich die Väter davongestohlen haben

Jasmins Haar ist lila gefärbt, ihre Haut ist weich und hell. So wie die ihres Babys, das sie in der überhitzten Wohnung gegen die Brust drückt. Auf dem Herd köcheln Schnuller. Die Waschmaschine surrt. Die Wohnung riecht nach Schweiß und Zigaretten. Eigentlich brauchen Mädchen wie Jasmin (Name geändert) selbst noch Menschen, die sie unterstützen. Jasmin, die junge Mutter, ist 17 Jahre alt.

Als sie im vergangenen Herbst erfuhr, dass sie ein Kind bekommen würde, fiel sie aus allen Wolken. Jasmin ist ein molliges Mädchen und bemerkte nicht, dass ihr Bauch dicker zu werden begann. Ihr Kind aber wollte Jasmin unbedingt zur Welt bringen, auch wenn sie seit zwei Jahren auf der Straße lebte, zuletzt in Dresden. Daniel wurde vor zwei Wochen geboren.

Seit Jahren steigt die Zahl der ungewollten Schwangerschaften unter Teenagern, und immer öfter entscheiden sich die Mädchen für das Kind. Von 13000 minderjährigen Schwangeren im Jahr 2001 brachten 5240 ihr Kind zur Welt. Verantwortlich für die hohe Zahl jener Schwangerschaften ist nach Ansicht von Sexualwissenschaftlern und Medizinern der unausgesprochene Leistungsdruck unter Jugendlichen in Sachen Sex – nach dem Motto: Alle haben schon, nur ich nicht. Meist sind die Jugendlichen nicht genügend aufgeklärt. Der Sexualkundeunterricht geht an ihnen vorüber: Entweder verstehen sie nicht, was die Lehrer erzählen, oder sie können das Gehörte nicht auf sich beziehen. Oft sind Jugendliche überfordert mit dem Erwachsenwerden.

Als Jasmin mit ihrem Freund schlief, dachte sie aus einem anderen Grund nicht an eine Schwangerschaft: Nach einem Unfall hatten die Ärzte ihr gesagt, sie könne keine Kinder mehr bekommen. Ihr Freund, Daniels Vater, war damals 22 Jahre alt. Schon in Augsburg, wo die beiden herkommen, hat er mit Jasmin das Leben auf der Straße geteilt. Dem Vater-Mutter-Kind-Spiel hat er sich nur die ersten Wochen ausgesetzt, es wurde ihm rasch zu anstrengend. „Er hat sich dann ’ne andere gesucht“, sagt Jasmin. Die jungen, ledigen Mütter bleiben fast immer allein zurück. Je jünger die Väter und Mütter sind, desto seltener entwickelt sich zwischen ihnen eine dauerhafte Partnerschaft.

Erst im siebten Monat ihrer Schwangerschaft suchte Jasmin Hilfe und ging zum Jugendamt. Kurz vor Weihnachten bekam sie eine Wohnung und einen Vormund zugewiesen; nun war immer jemand da, der nach dem Rechten sah.

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In allen größeren Städten Deutschlands gibt es – so will es das Jugendhilfegesetz – betreute Wohnprojekte für minderjährige Mütter (und Väter) mit Kind. Auf diese Weise werden die Jugendlichen aufgefangen, wenn die Familie den Teenie-Eltern die Unterstützung versagt. In der eigenen Wohnung sollen die Mädchen selbstständiger werden. Minderjährige Mütter haben ein gesetzlich verbürgtes Anrecht auf vielfältige Hilfen: Ausbildungsvergütung, Wohngeld, Sozialhilfe und Erziehungsgeld, bis ihr Kind zwei Jahre alt ist.

Vor kurzem ist Jasmin zurück in ihr altes Zuhause gezogen, in die Nähe von Augsburg. Mutter und Tochter haben sich versöhnt. „Der Kleine gibt mir Kraft, weil er mich braucht“, sagt Jasmin. Daniel im Arm zu halten fühle sich gut an. „Zuerst hab ich Angst gehabt“, erzählt sie, „ich hab gedacht, ich mach alles falsch, ich kann mein Kind nicht erziehen, ich werde keine gute Mutter.“ Es scheint, als lasse sie ihre eigene Kindheit hinter sich, als habe der Säugling seine Mutter ins Leben zurückgeholt, weil er sie gezwungen hat, die Straße hinter sich zu lassen und Verantwortung zu übernehmen – für sich und für ihr Kind.

Jasmin hat angefangen, Pläne zu schmieden. Sie will das neunte Schuljahr nachholen und Tierarzthelferin werden, um nicht eine jener Teenager-Mütter zu werden, die laut einer Unicef-Studie später doppelt so häufig in Armut leben wie erwachsene Mütter. Jasmin hat einen neuen Freund, er ist 30 Jahre alt. Er wolle sich um sie kümmern, habe er versprochen, und über sich sagt sie: „Ich bin reifer geworden.“

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