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 Die Zeit der Schwangerschaft
Tanja31 Offline



Beiträge: 498

08.11.2007 14:54
Gedenkstätte Kinderzimmer Antworten

Etwa 3000 Kinder kommen jährlich in Deutschland tot zur Welt oder sterben nach kürzester Zeit. Ihre Eltern nennen sie Sternenkinder.

„Liebes Sternchen,
es tut mir so leid. Glaub mir – du warst mein sehnlichster Wunsch und Traum, ich hätte dich so sehr geliebt, Kleines!
Dein Papa und ich wären so glücklich gewesen, wir lieben und vermissen dich so sehr. Es tut mir so unendlich leid, es ist alles meine Schuld. Bitte verzeih mir.
Ich liebe dich, Kleines. Ich hätte dich so gerne bei mir gehabt!
Kuss,
Deine Mama“


Diese Zeilen schreibt eine Mutter an ihr totes Kind, ihr Sternenkind. Es hinterlässt einen leeren Kinderwagen und macht das Kinderzimmer zur Gedenkstätte.


Für Frauen ist der Verlust eines Kindes ein Gefühl des Scheiterns. Ein Gefühl, der Rolle als Frau nicht nachgekommen zu sein, als Frau versagt zu haben.

Doch nicht nur Mütter, auch Väter müssen lernen, mit dem Tod ihres Kindes umzugehen. Es fällt ihnen schwerer, über ihre Trauer zu reden. Der Verein „Verwaiste Eltern“ versucht denn auch nicht nur Müttern, die ihr Kind verloren haben, durch Seminare und Selbsthilfegruppen bei der Verarbeitung dieses Schicksalsschlags zu helfen, sondern bietet auch Gruppen speziell für Sternenväter an. Denn während viele Frauen ihre Trauer und Wut herauslassen können, offen über Selbstmordgedanken reden und gleichzeitig den Wunsch nach einem neuen Kind äußern, ziehen sich Männer oft zurück und verfallen in Depressionen.

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Etwa 3000 Kinder werden jährlich in Deutschland – wie die Sterneneltern sagen – "still geboren". Mittlerweile hat sich im Internet eine große Gemeinschaft von Sterneneltern gebildet. „Ich war erstaunt und entsetzt, wie viel Menschen dasselbe durchleben mussten wie ich“, schreibt eine Internetbenutzerin. „Ständig denke ich über eine weitere Schwangerschaft nach“, steht dort, „aber mein Mann war einfach noch nicht bereit. Er befürchtet, dass wir neue Hoffnung schöpfen und dass dann wieder der große Knall kommt.“ Tatsächlich liegt das Risiko, nach einer Fehlgeburt eine weitere zu erleben, zwischen 12 bis 24 Prozent und steigt mit jedem weiteren Versuch um zehn Prozent an. Viele Beziehungen zerbrechen daran. Auch das Sexualleben leidet, die Frauen blocken ab, fühlen sich unattraktiv und betäubt.


Neben ihrer Trauer um das tote Kind müssen die Eltern noch einen weiteren Schock verkraften: Die deutsche Friedhofsverordnung gestattet nur Personen eine Bestattung – keinen Menschen. Wann ist ein Mensch ein Mensch und wann ist er eine Person? Nach dem Personenstandsgesetz muss das Herz schlagen, eine natürliche Lungenatmung einsetzen und ein Mindestgewicht von 500 Gramm erreicht sein – ein Gewicht, das bei einem frühen Zeitpunkt einer Fehlgeburt oft nicht erreicht wird. Wenn ein Kind also leichter als 500 Gramm ist, bleibt lediglich ein Mensch. Und der hat kein Recht auf einen Namen, kein Recht auf eine Bestattung.

Dabei ist es für die Verarbeitung des Todes sehr wichtig, Abschied zu nehmen. Von dem Kind und allen Plänen, die man für das gemeinsame Familienleben geschmiedet hat. Es ist hilfreich, dem Kind einen festen Platz in der Familie zu geben, sei es, indem man das tote Kind noch einmal hält und ansieht, sei es durch eine Segnung oder, indem man ihm einen Namen gibt. Im Internet finden sich sogar Sternenstrickereien – hier können die Sternenmütter winzige Mützchen und Jäckchen für Babys ab der 22. Schwangerschaftswoche bestellen, in der sie ihre Kinder beerdigen können.


Für Verwandte und Familienangehörige ist es nicht leicht, die starke emotionale Bindung zu einem kleinen Wesen nachzuvollziehen, das oftmals nur wenige Stunden und durch Dutzende von Schläuchen am Leben erhalten werden konnte. Zumal die Trauerphase mehrere Jahre lang dauern kann. Freunde haben in den ersten Monaten nach der Schwangerschaft zwar großes Verständnis und sind gute Zuhörer, doch nach einer gewissen Zeit werden sie mürbe. Dann fangen sie an, „Immer-noch?“-Fragen zu stellen. Schwangere Freundinnen wiederum haben oft Schuldgefühle und versuchen, dem Paar mit ihrem dicken Bauch aus dem Weg zu gehen. Auch tröstend gemeinte Worte können schmerzen. „Es ist sicher besser so.“ „Ihr könnt ja noch andere Kinder haben.“


Für manche Betroffene ersetzt das Internet das leer gebliebene Kinderzimmer. Liebevoll werden dort Seiten eingerichtet, alles ist sehr bunt und verspielt. Im Hintergrund funkeln Sterne, auf der Begrüßungsseite lächelt Winnie The Pooh oder tanzen Diddel-Mäuse. Man findet ein Fotoalbum mit Ultraschallbildern oder Bilder der winzigen Körper in Brutkästen, dazu Gedichte und Briefe an das verstorbene Baby. Zu Weihnachten, Ostern und zum Geburtstag werden Glückwunschkarten abgebildet. Obwohl das Kind tot ist, tun seine Eltern alles dafür, um weiterhin eine Bindung zu ihm zu halten, eine Art Kindheit mit ihm zu erleben. In der Fantasie der Eltern entstehen sogar Freundschaften unter den Sternenkindern – betroffene Eltern, die sich durch Selbsthilfegruppen und Foren kennen gelernt haben, verlinken ihre Seiten untereinander und schreiben sich, dass ihre Kinder „miteinander spielen“.


Weiterleben. Das Wichtigste für die Sterneneltern. Nicht ihren Kindern folgen, sondern weiterleben. Viele Frauen habe nach einer Fehlgeburt ein gesundes Kind zur Welt gebracht und mit ihrem Partner eine glückliche Kleinfamilie gegründet. Das verlorene Kind werden sie jedoch nie vergessen. Und so schreibt eine Mutter an ihr Kind:

„Liebes Sternchen,
wir lieben dich über alles und daran wird sich nie etwas ändern. Dein Geschwisterchen soll kein Ersatz für dich werden, du wirst uns immer fehlen. Wir werden dich oft gemeinsam besuchen.
Kuss,
deine Mama“

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