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 Jobs
Tanja31 Offline



Beiträge: 498

27.09.2007 20:20
Lieber kürzer als länger - Erziehungsurlaub mal ganz anders planen Antworten

Interview mit Gisela Erler, Gründerin und Geschäftsführerin der Firma pme-Familienservice GmbH. "pme" steht für "Partner für mehr Mitarbeitereffizienz". Die Firma versteht sich als Dienstleister für die Vereinbarung von Beruf und Privatleben und unterstützt Unternehmen in der betrieblichen Sozialarbeit. Weitere Informationen unter http://www.familienservice.de.




JobScout24: Nach der amtlichen Statistik verkürzt sich die Zeit, die Frauen für eine Familienphase einplanen immer mehr. Was ist Ihre Erfahrung, fangen Frauen immer früher wieder an zu arbeiten?



Gisela Erler: Das ist auch unsere Erfahrung. Gerade für hochqualifizierte und qualifizierte Frauen verkürzt sich der Erziehungsurlaub deutlich. Mehr und mehr Frauen steigen schon im ersten Jahr beziehungsweise im ersten Halbjahr wieder ein. Auch Vollzeit im ersten Jahr wird immer häufiger. Es gibt inzwischen viele Frauen, die direkt nach dem Mutterschutz (also nach 8 Wochen) wieder Vollzeit arbeiten.




JobScout24: Was kann man denn schon in der Schwangerschaft tun, um sich den Einstieg nach einem oder zwei Jahren zu erleichtern?



Gisela Erler: Hier gibt es zwei wichtige Tipps. Zunächst sollte man versuchen, sich mit dem Partner abzusprechen und konkret planen, wie die anfallende Arbeit nach dem Wiedereinstieg verteilt werden soll, welche Betreuungsmöglichkeiten gewählt werden sollen, was das kosten wird etc. Wie wichtig auch Arbeitgeber das inzwischen nehmen, zeigt zum Beispiel dass VW inzwischen versucht, während der Schwangerschaft mit der Mitarbeiterin und ihrem Lebenspartner einen Vertrag über die Elternzeit zu machen.



Ganz falsch ist zu sagen: "Ich lasse alles auf mich zukommen". Man sollte sich ganz konkret überlegen, wann man wieder anfangen will. Mein Rat ist immer, lieber kürzer als länger. Wer mehr beim Kind sein möchte, sollte lieber Teilzeit arbeiten oder den Partner bewegen, auf Teilzeit umzusteigen.



JobScout24: Ist es sinnvoll, schon bevor das Kind auf der Welt ist, mit dem Arbeitgeber konkrete Vereinbarungen zu treffen, wie man wieder einsteigen möchte?



Gisela Erler: Viele Frauen sagen vor der Geburt: "Ja ich komme zurück", und hinterher schmeißen sie alles um. Wer schon vor der Geburt Abmachungen für den Wiedereinstieg trifft, sollte sich sehr gut informieren, was auf ihn zukommt, damit er sich dann auch daran halten kann. Frauen und Paare, die ein Kind erwarten, sollten sich schon vor der Geburt schlau machen, welche Möglichkeiten der Kinderbetreuung es gibt und welche Auswirkungen das auf Kinder und Eltern hat. Es gibt da so eine Koketterie mit Lebensmodellen. Als könnte man nicht wissen, was auf einen zukommt, wenn man ein Kind bekommt. Natürlich ist es anstrengend mit kleinen Kindern berufstätig zu sein, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder. Andererseits gedeihen die Kinder eben meistens trotzdem. Wer nicht arbeitet ist oft sehr frustriert, und das tut den Kindern dann auch nicht gut.



JobScout24: Hat der Gesetzesanspruch auf Teilzeitarbeit eine Verbesserung gebracht?



Gisela Erler: Eigentlich wenig bis gar nicht. Das Modell der Teilzeitarbeit gibt es ja schon lange. Großbetriebe haben meist viele verschiedene Teilzeitmodelle. Ich bin nicht gegen das Gesetz, aber ich glaube, dass es wenig bewegt. Die Firmen spielen da allerdings auch gern mit Tricks, um ungeliebten Mitarbeiterinnen den Wiedereinstieg zu erschweren. Insofern kann das Gesetz schon für manche eine Hilfe sein.



Für Führungskräfte ist es allerdings immer noch schwierig, Teilzeitarbeit einzufordern. Es gibt Probleme mit der Führungskultur in den Unternehmen. Aber auch die Mitarbeiter haben Ängste, zum Beispiel, dass sie nicht mehr befördert werden. In anderen Ländern ist man da schon wesentlich weiter.



JobScout24: Vielen Frauen schwebt ja vor, ihren Arbeitsplatz nach Hause zu verlegen. Was halten Sie von dieser Möglichkeit?



Gisela Erler: Das sehe ich uneingeschränkt positiv. Ein großer Teil der Mitarbeiter vom Familienservice arbeitet an ein oder zwei Tagen zu Hause. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Zwar brauchen Sie auch wenn Sie zuhause arbeiten eine Kinderbetreuung, spätestens wenn das Baby nicht mehr nur liegt. Aber allein schon die eingesparte Wegezeit ist gewonnene Zeit und das ist sehr kostbar.



Man muss allerdings lernen, eine innere Balance zwischen Arbeit und Privatleben herzustellen, auch wenn das Ganze in den eigenen vier Wänden stattfindet. Dafür ist es sehr wichtig, dass das Arbeitsvolumen definiert ist.



JobScout24: Was können Frauen während des Erziehungsurlaubs tun, damit der Wiedereinstieg problemlos verläuft?



Gisela Erler: Zunächst empfehle ich immer, nicht zu lange auszusteigen und, wenn irgendwie möglich, zwischendrin zu arbeiten. Urlaubsvertretungen sind da eine gute Möglichkeit. Der Alltag mit kleinen Kindern ist eine eigene Welt. Aus dieser Sandkisten- und Breilogik kommt man oft schwer wieder raus. Auch Kurse und Weiterbildungen fallen da schwer. Deswegen ist es wichtig, Kontakt zum Arbeitsplatz zu halten, zum Beispiel, indem man sein Büro besucht und den alten Kollegen im Zweifel auch mal auf den Wecker fällt. Das ist eine Bringschuld der Frauen, nicht des Unternehmens.



JobScout24: Arbeitgeber tun sich manchmal schwer damit, die veränderten Lebensumstände zu akzeptieren. Wie geht Frau damit am besten um?



Gisela Erler: Es gibt Chefs, die blocken. Allerdings selten bei sehr guten und engagierten Kräften. Es sei denn, der Betrieb hat extreme Schwierigkeiten. Wenn Leute klare Vorstellungen haben und sagen: "so und so will ich das", dann sind die Spielräume viel größer als man denkt. Das gilt für Frauen und für Männer.



Allerdings ist das in den Unternehmen noch sehr unterschiedlich. Sektoren mit hoher Frauenbeschäftigung sind da natürlich sensibler als die Industrie. Aber auch Männer lehnen heute schon oft Beförderungen oder Karrierechancen ab, um ausreichend Zeit für die Familie zu haben. Denn die Frauen fordern Partnerschaft ein und sagen: "Ich will keine alleinerziehende Mutter sein".



Heute wissen Personaler wovon wir reden, wenn es um diese Themen geht, wo sie vor 10 Jahren noch verständnislos geguckt haben.



JobScout24: Mit kleinen Kindern berufstätig zu sein, ist eine anstrengende Angelegenheit. Haben Sie ein paar allgemeine Tipps, wie Mütter und Väter sich diese Zeit erleichtern können.



Gisela Erler: Ganz wichtig ist, die Paarbeziehung weiter zu pflegen, auch wenn man berufstätig ist und die Kinder nicht so häufig sieht. Es ist zwingend notwendig, Freizeit mit dem Parnter allein zu verbringen, auch wenn die Kinder dann noch mehr fremdbetreut werden. Das Problem sind nicht die Kinder. Die Kinder machen vieles mit und gedeihen trotzdem. Wir kennen Paare, die gehen sieben Jahre nicht mehr ins Kino und danach lassen sie sich scheiden. Damit ist niemandem geholfen.



Wer sich selber pflegt und auf sich achtet hat auch Resourcen. Wer das vernachlässigt, wird aufgefressen. Deswegen muss man sich Zeit freischaufeln auch in einem strickten Zeitplan.



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